Sex, Tanz und Sehnsucht; ein Tanztheater im Sinne von Gustav Flaubert
Madame Bovary sei ein Roman über das Nichts und über die Langeweile – so hat zumindest der Dichter selbst, Gustave Flaubert, sein Meisterwerk aus dem Jahr 1856 einmal beschrieben. Dieses „Nichts“ aber ist so exquisit erzählt und die Menschen in ihm sind so exakt analysiert, dass es gleichzeitig – wie immer bei Flaubert –um alles geht. Susanna Curtis erforscht tänzerisch und schauspielerisch mit ihrem Ensemble in ihrer neuen Produktion die menschlichen „Anrührungen“ der fünf Hauptprotagonisten des weltberühmten Romans. Es eröffnet sich der Flaubertsche Kosmos: Jede Figur mit ihren ganz persönlichen Charakterzügen, Emotionen, großen und kleinen Tragödien und den eigenen Schicksalsfäden.
„Madame Bovary, c’est moi“, sagte Flaubert, als er gefragt wurde, welche Inspirationsquelle seine Heldin hat. In uns allen steckt, so die Choreografin Curtis, ein bisschen etwas der Figur Bovary. Es ist die ewige Suche nach einem erfüllteren, aufregenderen Leben und es ist eine Sehnsucht, dem öden Aushalten des Alltäglichen zu entfliehen. Und in der heutigen Zeit kommt der Drang zur Selbstinszenierung – analog wie digital – verstärkend hinzu. Wie hätte Flaubert dies erzählt?
In „Madame Bovary, it’s me too“ geht es, wie könnte es bei einer Beschäftigung mit Gustave Flaubert anders sein, um zwischenmenschliche Beziehungen, um Sexualität, um Tabus und um „No-gos“ von damals und heute. Zwei Frauen und drei Männer erkunden ihr Verhalten in einer Welt, die durch political correctness, gender fluidity und #MeToo geprägt ist. Und im Hintergrund das Flaubertsche Credo und der Walzer…
Madame Bovary, it’s me too | |
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Idee, Konzept, Regie | Susanna Curtis |
Stückentwicklung, Choreographie | Susanna Curtis & Ensemble |
Ensemble | Susanna Curtis, Stefan Drücke, Jürgen Heimüller, Isabelle Nelson, Johannes Walter |
Kostüme | Johanna Deffner |
Bühne | Susanna Curtis, Johanna Deffner |
Licht | Sasa Batnozic |
Film | Jürgen Heimüller, Miho Kasama |
Assistenz | Lea Müller |
Grafik | Alexandra Kuhn |
Musik | Marc Bolan, Miquel Brown, Gaetano Donizetti, Aretha Franklin, Jimmy Bo Horne, György Kurtag, Joseph Lanner, Henry Mancini, Clara Schumann, Emile Waldteufel |
„Man kann an der temporeichen Inszenierung, die mal in Walzermusik schwelgt, mal von Popmusik angefeuert wird, großen Spaß haben. Zumal das fabelhafte Ensemble im fliegenden Rollen- und Kleiderwechsel zur Hochform aufläuft.“
Nürnberger Zeitung, 01.02.20
„Drücke und Heimüller sind herrlich komisch und tragisch, die Tänzer erste Klasse. Und wenn Curtis und Nelson am Ende in Highheels und engen Korsagen ihren „Cinderella“-Moment auskosten, ist das Stück dann doch im Heute gelandet“
Nürnberger Nachrichten, 01.02.20